Freitag, 6. März 2009

Die Krise hat das Wort

Wenn man sich die Berichterstattung über die gegenwärtige Finanzkrise anschaut, fällt eines besonders auf. Kein Text, der die Krise nicht mit den abenteuerlichsten Metaphern beschreiben würde. Zur Erinnerung: Eine Metapher ist ein sprachliches Bild – Eine Beschreibung, die selber auch wieder eine Metapher ist und gleichzeitig auch zeigt, wie alltäglich sprachliche Bilder sind. In der Sprachwissenschaft ist man sich heute einig, dass Sprache per se metaphorisch ist.
Schauen wir uns einige der häufigsten Metaphern aus der Berichterstattung über die Finanzkrise an: Da ist zum Beispiel von „Finanzspritzen“ die Rede. Klar, wenn jemand krank ist, gibt man ihm ein Medikament, am liebsten mit einer Spritze, damit’s auch ein bisschen wehtut. Nur: Kann man ein Wirtschaftssystem gesund spritzen? Und wie sieht es wohl mit den Nebenwirkungen aus – fragt jemand den Arzt oder Apotheker?
Den Märkten fehle es an „flüssigem Geld“, das „eingeschossen“ werden müsse, ist weiter zu lesen. Da möchte man als Laie gerne mal zuschauen, wie dieses Geld in die Finanzmärkte schwappt. Flüssiges soll aber nicht nur zugeführt werden, sondern das Finanzsystem wird zuweilen als Ozean beschrieben, auf dem die Firmen ins „Schlingern“ geraten sind. Ob daran immer der raue Wind schuld ist und nicht vielleicht die „Wirtschaftskapitäne“?
Wer bisher geglaubt hat, dass es Organisationen wie dem Roten Kreuz oder der UNHCR vorbehalten sei, Hilfspakete auszuteilen, ist in den letzten Wochen eines Besseren belehrt worden. Kaum ein Land, das nicht ein „Konjunkturpaket“ oder dergleichen „geschnürt“ hätte. Wenn es den Firmen schon schlecht geht, dann macht man ihnen doch gerne eine Freude – zweimal Weihnachten sozusagen. Geschenke packt schliesslich jeder gerne aus, und wenn dann ein paar Millionen zum Vorschein kommen, dann kann man der ganzen Krise sogar noch etwas Positives abgewinnen.
Was die bilderdurchsetzte Berichterstattung über die Krise lehrt, lässt sich wie folgt zusammenfassen: Je komplexer und abstrakter etwas ist, desto mehr sprachliche Bilder soll man beim Schreiben darüber verwenden. Damit lässt sich vielleicht vertuschen, dass man keine Ahnung hat.

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